"Eine wundersame Ausnahmeerscheinung im Klassikgeschäft"
Im Gegensatz zu vielen anderen Festivals bewegen sich die Programme der Internationalen Fredener Musiktage (www.fredener-musiktage.de) immer abseits des Mainstreams. Jedes Jahr wird ein Kompositionsauftrag an einen zumeist jungen Komponisten oder eine junge Komponistin vergeben; die Uraufführung und das damit verbundene Komponistenporträt erfolgen während des Festivals.
Gelegentliche Länderschwerpunkte (England, Frankreich, Amerika, Russland, Spanien, k.u.k. Donaumonarchie) und andere Themen (Belle Époque – Fin de Siècle; Jüdische Einflüsse, Echt Niedersächsisch: Die Welt zu Gast) machen mit Musik vertraut, die hierzulande (fast) unbekannt ist. Das Festival erfüllt damit einen wichtigen Bildungsauftrag, auch mit dem eingeschlossenen Kinderkonzert und der damit verbundenen Musikvermittlung.
Ebenfalls im Gegensatz zu anderen Festivals sind die mitwirkenden Künstler keine welt- oder auch nur deutschlandweit bekannte “Stars“, die das Publikum anlocken sollen. Es sind Musikerfreunde, die die beiden Initiatoren Utz Köster und Adrian Adlam im Laufe ihrer künstlerischen Tätigkeit gewonnen haben und die häufig Solomusiker in herausragenden europäischen Orchestern, Mitglieder professioneller Kammermusikensembles oder Professoren an Musikhochschulen sind. Sie wirken im Festivalensemble camerata freden mit, das vor Ort für die einzelnen Konzerte probt und, neben den Konzerten hochkarätiger Gastensembles, im Mittelpunkt des Publikumsinteresses steht. Davon zeugen neben einer Reihe von CD und Audio-DVD-Surround-Produktionen für das renommierte Stuttgarter Kammermusik-Label TACET auch eine Vielzahl von Live-Übertragungen und Aufzeichnungen der Rundfunkpartner NDR Kultur und Deutschlandradio Kultur.
Trotz des Fehlens der großen Künstlernamen und der zugkräftigen Werke wächst das Publikum dieses ländlichen Kleinods beständig und rekrutiert sich mittlerweile über den weiten Umkreis hinaus. Selbst die vielen musikalisch aufgeschlossenen Besucher entdecken hier häufig ihnen noch unbekannte Werke und Komponisten. Aber die Zuhörer wissen, dass in Freden Interessantes, manchmal sogar Aufregendes, in hervorragender künstlerischer Qualität geboten wird. In einer Zeit, in der der Konzertbetrieb sich auf wenige beliebte Werke und wenige bekannte Künstler verengt hat, ist dies bemerkenswert und ein Beitrag zum Erhalt der Vielfalt des Musiklebens.
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Die Internationalen Fredener Musiktage sind nicht nur in musikalischer Hinsicht etwas Besonderes. Freden an der Leine, im Süden des Landkreises Hildesheim gelegen, hat etwa 3000 Einwohner und hatte bei Gründung des Festivals 1991 fast keine kulturelle Tradition. Das Engagement und die Begeisterung vieler Fredener Bürger für das neue professionelle kulturelle Angebot fernab der Kulturmetropolen mündete 1996 in die Gründung des eigenständigen Trägervereins Internationale Fredener Musiktage e.V. Auf diese Weise ist es gelungen, klassische Musik als Integrationsmittel und Identifikationsmerkmal im Ort zu verankern. Die Infrastruktur des Festivals ist zum großen Teil ehrenamtlich aufgebaut – von der Veranstaltungsregie über das Catering und die Privatquartiere für viele der Musiker und organisatorischen Mitarbeiter bis hin zur künstlerischen Leitung und der Intendanz. Aus diesem Grund wurden die Internationalen Fredener Musiktage im Herbst 2010 auch mit dem Praetorius-Musikpreis des Landes Niedersachsen in der Kategorie „Ehrenamtliches Engagement“ ausgezeichnet.
Hauptspielstätte ist die rustikale Zehntscheune, erbaut im Jahre 1739, mit ihrer für Kammer- und Klaviermusik hervorragend geeigneten Akustik und ihrem reizvollen von Feldsteinmauern und einem hohen offenen Dachstuhl geprägten Ambiente. Hier findet auch die Kunstausstellung im Rahmen der Fredener Musiktage statt, die die Veranstaltung in jedem Jahr zu einem spartenübergreifenden Kammermusik-Kunst-Festival werden lässt. Weitere Spielstätten sind die Kirche St. Georg in Freden und der 1911 von Walter Gropius erbaute erste moderne Industriebau der Welt, das UNESCO-Weltkulturerbe FAGUS-Werk in Alfeld sowie weitere wechselnde Spielstätten. Das Festival findet in der Regel in der letzten Juli- und ersten Augustwoche über neun Tage hinweg statt.
Auf den Punkt brachte es der Musikjournalist Ralf Neite in der Berliner Zeitschrift „Zeitzeichen“ von April 2009: „Die Internationalen Fredener Musiktage sind eine wundersame Ausnahmeerscheinung im Klassikgeschäft, das gerne auf große Namen und glanzvolle Inszenierungen setzt. In Freden, einem kleinen Ort im Leinebergland, verzichtet man auf all das. Hier gibt es keine Stars, keine renommierten Konzerthäuser, nicht einmal mit Klassikhits gespickte Programme, die gemeinhin für volle Kassen sorgen sollen. Und das Fantastische daran: Es funktioniert trotzdem!“